Vor einigen Tagen erschien auf dem Blog “Building Windows 8” ein umfangreicher Artikel, der die Entwicklung von Windows 8 für ARM-Prozessoren beschreibt. In diesem Artikel stehen einige interessante Dinge über Windows-Tablets, wie wir sie ab Herbst 2012 sehen werden. Daraus wird deutlich, dass die Tablets in mancher Hinsicht deutlich näher am iPad sein werden als an einem Windows-PC, wie wir ihn bislang kennen. Nicht zuletzt aus diesem Grund ziehen einige Community-Mitglieder eine scharfe Trennlinie zwischen “Tablets” und “Slate PCs” und meinen mit letzteren “vollwertige” Windows-Rechner mit Tablet-ähnlichem Format, die sich aber eben von den neuen ARM-basierten Tablets unterscheiden.
ARMe und Sechsundachtziger
Als Microsoft die ersten Details zu Windows 8 vor einem guten halben Jahr veröffentlichte, gab es eine kleine Sensation: Erstmals nach vielen Jahren wird Windows wieder für eine völlig andere Prozessorarchitektur verfügbar sein als die vorherrschende Intel-basierte x86/x64-Technik. Um kostengünstige und sehr stromsparende Tablets mit Windows 8 zu ermöglichen, wird das neue Betriebssystem auch die ARM-Architektur unterstützen. Nun muss man dazu wissen, dass ARM-Prozessoren eigentlich gar keine Prozessoren sind. Dahinter verbirgt sich viel mehr ein Prozessor-Design, das dann von verschiedenen Herstellern als Grundlage für eigene CPUs genutzt wird. Es gibt also nicht eine ARM-CPU, sondern verschiedene CPUs, die auf dem ARM-Design beruhen.
Im Effekt bedeutet dies, dass die einzelnen Prozessoren dieser Familie sich durchaus voneinander unterscheiden können. Dadurch kann es nötig sein, das Betriebssystem für einzelne dieser Prozessortypen neu zu kompilieren. Auch die Anwendungssoftware müsste man dann neu übersetzen – wenn sie nicht auf einer Basis geschrieben ist, die abstrakt genug ist, um nicht in ein anderes Binärformat übersetzt werden zu müssen. Und genau dies trifft auf Metro-Apps zu.
Auf das Wesentliche reduziert heißt das: Windows 8 für ARM-Prozessoren (“Windows on ARM” oder kurz “WOA”) ist technisch gesehen ein anderes Betriebssystem als Windows 8 für die Intel-/AMD-Plattformen. Eine “klassische” Windows-Applikation, die für die x84-/x64-Plattform entwickelt wurde, wird nicht auf WOA laufen. Wer plattformübergreifend Applikationen entwickeln oder nutzen möchte, muss also von vornherein auf Metro-Apps setzen.
Zudem wird WOA eine Softwareinstallation nur über den Microsoft Store und Windows Update gestatten. Im Effekt wird diese neue Windows-Plattform also ähnlich abgeschottet sein wie Apples iPad.
Tabletts und Schiefer
Das wiederum bedeutet, dass einer der großen Vorteile der Windows-Architektur, nämlich ihre große Kompatibilität mit der am Markt vorhandenen Hard- und Software, nur für die “klassische” Hälfte der Windows-Welt erhalten bleibt, nicht aber für die “neue” ARM-basierte Hälfte.
Dinge wie das einfache Drucken (weil es für praktisch jeden Drucker einen Windows-Treiber gibt), das Weiternutzen vorhandener Software, die einfache Einbindung in VPNs usw. bleiben also (zunächst einmal) den “vollwertigen” Intel-/AMD-basierten Rechnern vorbehalten. ARM-Tablets werden, wenn überhaupt, nur einen Teil des Vorhandenen verwenden können – wenn die jeweiligen Hersteller eigens Treiber dafür entwickeln. Ob das geschieht (und ob es technisch überhaupt machbar ist), werden wir sehen.
Die Hardware-Entwicklungen des letzten Jahres allerdings lassen durchaus erwarten, dass es auch Windows-Tablets geben wird, die mit dem “vollwertigen” Windows 8 laufen. Dell, Fujitsu und einige andere haben aktuell bereits Rechner in Tablet-Form auf dem Markt, die in leicht aktualisierter Fassung hervorragende Windows-8-Rechner abgeben werden. Nach der technischen Unterscheidung, die zwischen ARM-Tablets und Intel-/AMD-Rechnern besteht, kann man diese Rechnerfamilie mit dem auch bisher einzeln verwendeten Begriff “Slate PC” bezeichnen.
Die Beta
Die nächste Vorabversion, die allgemein als “Beta” gehandelt wird, von Microsoft jedoch das Label “Consumer Preview” erhält, wird es nur für die Intel-/AMD-Welt geben. Die ARM-Fassung wird nicht öffentlich zugänglich gemacht, sondern steht nur ausgewählten Hard- und Softwareentwicklern zur Verfügung. Der verkündete Termin für die Consumer Preview ist der 29. Februar 2012 anlässlich des Mobile World Congress in Barcelona (und nebenbei auch passend zur CeBIT). Nebenbei ist es interessant, wie Microsoft die Stellen verteilt, auf denen solche Dinge verkündet werden – bei den letzten großen Meilensteinen war es stets ein Microsoft-Spezialblog, das das Datum als erstes nennen durfte.
http://faq-o-matic.net/?p=3859