In kleineren und mittelgroßen Hyper-V-Umgebungen fehlt es oft an einem integrierten Management-Werkzeug für die Umgebung. Zwar reichen die Bordmittel im Wesentlichen für alles aus, aber besonderer Komfort stellt sich damit nicht ein. Insbesondere sind die Verwaltungsfunktionen auf mehrere Programme verteilt: Hyper-V-Manager und Failover-Cluster-Manager für den allgemeinen Betrieb (beide nötig), PowerShell für technische Details und Spezialkonfigurationen, und wer einen Blick auf den Zustand seiner Hosts werfen möchte, muss sich intensiv mit dem Performance Monitor befassen. Als Alternative dazu gibt es aus dem Hause Microsoft nur den System Center Virtual Machine Manager (SCVMM oder kurz VMM) – aber der orientiert sich eindeutig an Enterprise-Umgebungen. Der VMM erfordert viel Einarbeitung in seine komplexen Konzepte, er benötigt (mindestens) einen separaten Server, und er ist alles andere als preiswert.
Die Firma 5Nine hat mit ihrem 5Nine Manager ein Verwaltungstool im Angebot, das genau diese Lücke füllen soll. Es positioniert sich ausdrücklich im Segment der kleineren und mittelständischen Unternehmen und will diesen eine einfache und schlanke Lösung bieten. Wir haben uns das Programm näher angesehen.
5Nine Manager ist ein leichtgewichtiges Programm, das im Wesentlichen nur eine Verwaltungskonsole installiert. Ein separater Server ist nicht nötig. Man kann das Tool direkt auf einem Hostserver, aber auch auf einer Admin-Workstation installieren (ab Windows 7). Im Unterschied zu den Bordwerkzeugen ist 5Nine Manager in der Lage, mit (fast) allen bisher veröffentlichten Versionen von Hyper-V zu arbeiten: Von Windows Server 2008 R2 bis zum aktuellen Windows Server 2012 R2. Auch Client Hyper-V ab Windows 8 lässt sich damit verwalten. Als besonderes Schmankerl arbeitet das Programm auch mit den kostenlosen Fassungen des Hyper-V Server ab 2008 R2, die ja von selbst keine grafische Oberfläche bieten.
Grundfunktionen
Das Hauptfenster des 5Nine Managers
Die Verwaltungskonsole setzt auf Funktion und präsentiert sich aufgeräumt und schmucklos. Im Wesentlichen ist das Fenster dreigeteilt: Die übliche Unterteilung in einen Navigationsbaum links und einen Detailbereich rechts ergänzt sich mit einer Protokoll-Leiste am unteren Rand, die Auskunft über alle ausgeführten Vorgänge gibt.
Wer größere Hyper-V-Installationen betreibt, kann mehrere Hosts, aber auch mehrere Hyper-V-Cluster in die Konsole einbinden. Als zusätzliches Organisationsmerkmal bietet das Produkt frei definierbare Servergruppen, die im Baum ebenfalls auftauchen. So kann man bei Bedarf auch denselben Host mehrfach im Navigationsbaum einbinden.
Die Grundfunktionen des Programms decken zunächst einmal alle Bereiche ab, die auch Microsofts Hyper-V-Manager bietet. Man kann VMs erzeugen, konfigurieren, starten, stoppen oder löschen. Natürlich lassen sich Konfigurationsdaten auch einfach einsehen. Nützlich ist die (etwas versteckte) Übersicht über alle virtuellen Festplatten, die es auf einem Host gibt. Sie umfasst auch einige wichtige Details und lässt per Rechtsklick einen genauen Blick auf eine Disk zu.
Das Fenster “Show virtual disks” zeigt alle VHD(X)-Dateien auf einem Host
Für das Management der Hosts bietet 5Nine Manager eine detaillierte Steuerung an, welche Komponenten manipulierbar sein sollen. Leider ist diese Funktion etwas unübersichtlich.
Detaillierte Management-Einstellungen
Darüber hinaus erlaubt das Werkzeug, direkt von der Konsole einzelne Hosts herunterzufahren oder neu zu starten. Ebenso kann man von dort RDP-Verbindungen zu Hosts oder VMs herstellen.
Eine wichtige Fehlstelle füllt 5Nine Manager für Core-Installationen oder den kostenlosen Hyper-V-Manager aus. Auf diesen Plattformen fehlt die grafische Konsolenverbindung zu einer VM. Diese kann man mit Bordmitteln nur von einem separaten Rechner aus herstellen, aber nicht lokal auf dem Host. 5Nine hat daher eine eigene Version des Konsolen-Viewers entwickelt, die man ebenfalls direkt aus der Konsole aufrufen kann.
Die eigene VM-Konsole von 5Nine funktioniert auch auf Core-Hosts
Natürlich erlaubt das Programm auch das Management von Live Migrations oder Hyper-V Replica sowie die Konfiguration dieser Funktionen.
Erweiterte Funktionen
Besonders spannend sind allerdings die fortgeschrittenen Funktionen, die man so in den Bordmitteln von Windows nicht findet. Seit der Version 6 ist etwa eine “Dynamic Optimization” eingebaut. Diese Funktion sorgt auf Wunsch dafür, dass der Manager automatisch virtuelle Maschinen auf einen anderen Host verschiebt, wenn auf dem aktuellen Host die Ressourcen knapp werden. Die Schwellwerte kann man natürlich selbst definieren. Daneben ist auch ein einfaches Alerting enthalten, das per E-Mail den Administrator benachrichtigen kann, wenn ein Host überlastet ist.
Parallel zu diesen Warnungen kann man ein einfaches Live-Monitoring eines Hosts vornehmen. Auf der Registerkarte “Monitor” finden sich Leistungs-Graphen sowie eine Information über die aktuelle Auslastung. Diese Funktion ersetzt kein professionelles Monitoring, kann aber in vielen Situationen durchaus schon ausreichende Informationen liefern. Eine solche schnelle Übersicht findet man in den Windows-Bordmitteln überhaupt nicht.
Ein einfaches Monitoring erlaubt einen schnellen Überblick
Ergänzend zum Monitoring bietet der 5Nine Manager auch einen schnellen Zugriff auf die Hyper-V-Logs eines Hosts. Dabei handelt es sich um die speziellen Eventlogs für die Hyper-V-Komponenten, die man im normalen Eventviewer nur mit etwas mehr Aufwand auffindet. Die Systemlogs der Hostserver hingegen sind hier nicht enthalten.
Die Konsole zeigt die speziellen Hyper-V-Logs an
Zusätzlich kann 5Nine Manager auch Status-Reports der verwalteten Umgebung erzeugen. Der Report, den man z.B. als PDF ausgeben kann, enthält derzeit aber noch zu wenige Daten und ist so nur als kurzer Überblick nützlich.
Viele Virtualisierungs-Administratoren arbeiten gern mit Vorlagen für virtuelle Maschinen. Auf diese Weise erzeugen sie vordefinierte VM-Konfigurationen, aus denen sie per Mausklick schnell neue produktive VMs herstellen können. Mit Bordmitteln geht dies nur zu Fuß, indem man manuell eine VM konfiguriert, sie dann mit Sysprep behandelt, exportiert und aus dem Hyper-V-Manager entfernt. 5Nine Manager bietet eine integrierte Template-Funktion, die diesen Vorgang deutlich vereinfacht. Wandelt man eine bestehende VM in ein Template um, so führt der Manager von selbst einen Sysprep-Vorgang aus und sorgt selbst für den Export. Dabei kann man auch sofort einen Klon von der betreffenden VM erzeugen oder direkt eine neue VM auf Basis des Template einrichten.
Ebenfalls einzigartig ist ein spezieller File-Explorer, der den direkten Zugriff auf das Dateisystem einer VM erlaubt. Ergänzt wird dieser durch eine pfiffige “Transfer Disk”, durch die man recht einfach Dateien in eine VM kopieren kann, die z.B. nicht per Netzwerk erreichbar ist. Hier bindet 5Nine Manager eine zusätzliche VHD-Datei an, auf die man zunächst die Daten kopiert. Dann bindet das Programm die Datei an die VM an, wo man die Daten dann herunterkopieren kann. Das ist nicht für jede Umgebung geeignet, und man könnte es auch selbst so machen – es ist über den Manager aber viel weniger Aufwand.
Separates Extra: Virenschutz
5Nine vertreibt den 5Nine Manager auch in einer erweiterten Fassung, die um einen agentenlosen Virenschutz ergänzt ist. Diese Schutz-Software installiert man nur einmal pro Host, und sie führt dann regelmäßige Scans sowohl des Hosts als auch der virtuellen Maschinen durch. Der Hersteller gibt an, dass dies erheblich weniger Performance kostet als eine herkömmliche Lösung mit einem Antivirus-Agenten in jeder VM. Diese Scans lassen sich aufeinander abstimmen, sodass man gleichzeitige Suchläufe auf vielen VMs vermeiden kann, die schnell zu einer Überlastung des Host-Speichersystem führen können.
Diese Funktion haben wir nicht getestet.
Eindruck und Fazit
5Nine Manager zeigte sich im Test als durchaus umfassende, leistungsfähige Lösung zur Verwaltung “mittelgroßer” Hyper-V-Umgebungen. Alle wichtigen Funktionen sind an einem Platz zusammengeführt. Besonders interessant ist, dass das Tool auch die Core-Versionen ohne grafische Oberfläche verwalten kann und dass es versionsübergreifend einsetzbar ist.
Mit seinen funktionalen Ergänzungen wie Monitoring, Templates oder Dynamic Optimization kommt der 5Nine Manager solchen Administratoren entgegen, denen der Funktionsumfang der Bordmittel nicht ausreicht, die aber nicht die “Maximallösung” System Center Virtual Machine Manager (SCVMM) kaufen wollen. So nähert sich der Bedienkomfort einer Hyper-V-Umgebung dann etwas dem einer vSphere-Installation an – an den Komfort des vCenter reicht er aber dann doch (noch) nicht heran.
Die Aussage des Herstellers, 5Nine Manager enthalte alle wichtigen Funktionen des SCVMM, ist aber doch deutlich zu hoch gegriffen. Gerade im Bereich des Clusterings ist der Funktionsumfang derzeit noch sehr eingeschränkt. Wer einen Hyper-V-Cluster betreibt, wird auch weiter nicht umhinkommen, für einige Arbeiten den “originalen” Failover-Cluster-Manager zu verwenden.
Erwähnt sei auch, dass wir in unserer Laborumgebung auf den einen oder anderen Fehler im 5Nine Manager gestoßen sind. Das waren zwar keine kritischen Fehler, und der Hersteller hat dies umgehend an seinen Support weitergereicht. Von einer Software in Version 6.1 hätten wir aber doch etwas weniger Auffälligkeit erwartet.
Angesichts des günstigen Preises der Software und des teilweise hohen Zusatznutzens finden wir 5Nine Manager empfehlenswert. Wer ernsthaft mit Hyper-V arbeitet, sollte einen Blick darauf werfen.
Feature-Überblick des Herstellers:
[5nine Manager for Hyper-V. Microsoft Hyper-V management tool]
http://www.5nine.com/5nine-manager-for-hyper-v-product.aspx#features
http://faq-o-matic.net/?p=6500