Microsoft übertrifft sich selbst: Der Software-Riese überraschte am heutigen Dienstag mit der Information, dass die Nachfolgeversion von Windows Vista, bislang geführt unter dem Codenamen „Windows 7“, noch in diesem Jahr auf den Markt gebracht wird. Mit einer derart schnellen Weiterentwicklung des marktführenden Betriebssystems hatte niemand gerechnet.
In einer Mitteilung an Microsoft-Mitarbeiter und Microsoft-Dienstleistungspartner wurde die Veröffentlichung für das „späte dritte Quartal 2008“ angekündigt. Dabei wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Kalenderjahr 2008 gemeint ist – eine wichtige Klarstellung, denn oft beziehen sich Microsoft-Datumsangaben auf das eigene Geschäftsjahr, das am 30. Juni endet. Ein Eingeständnis, dass Windows Vista damit doch nur eine „Zwischenversion“ gewesen sei, wie manche Kritiker gespöttelt hatten, will Redmond mit dieser Information aber nicht geben: „Windows 7 wird eine logische Weiterentwicklung von Windows Vista sein und kein Ersatz“, heißt es in der Mitteilung. Die Mitteilung hat einen hohen Stellenwert: Nicht weniger als 14 Microsoft-Führungskräfte haben sie unterschrieben, einschließlich Steve Ballmer und Ray Ozzie.
Trotz des kurzen Entwicklungszeitraums, der zwischen Windows Vista und „Windows 7“ gelegen haben wird, kündigt Microsoft ein wahres Technik-Feuerwerk an. Zu den wichtigsten Neuerungen gehören eine weiter modernisierte Benutzeroberfläche, neue Sicherheitstechniken und eine bislang nicht dagewesene Online-Integration. Doch auch der Lieferumfang wird Furore machen: In den meisten geplanten Versionen des Betriebssystem wird das hauseigene Office-Paket in neuer, erweiterter Fassung bereits ohne Aufpreis enthalten sein.
Das renovierte GUI wird mit einer neuen XML-basierten Sprache unter dem Namen „Aero-Powered Rendering Interface Language“ entwickelt. Hierbei werden nicht nur die Fensterrahmen durchscheinend sein wie beim grafischen Interface von Vista: Auf geeigneten Displays wird vielmehr der gesamte Bildschirm stufenlos transparent eingestellt werden können, sodass der Blick auf die Umgebung frei wird. Das ermögliche, so Redmond, völlig neue Darstellungskonzepte etwa in Besprechungsräumen, auf dem Wohnzimmerfenster oder sogar im Auto. Gleichzeitig sollen Fenster-Effekte wie Wasseroberflächen, Dampf oder „langes Haar im Wind“ nicht nur schick aussehen, sondern die Produktivität von Power-Usern deutlich erhöhen. Für PCs mit „Windows 7“ wird eine Ausstattung mit vier oder mehr Monitoren im professionellen Betrieb empfohlen, die dank der Transparenz-Technik auch hintereinander angeordnet sein können. Screenshots der Oberfläche stellt Microsoft derzeit leider noch nicht zur Verfügung.
Auch in der Sicherheitstechnik geht Microsoft ganz neue Wege. Während es unter XP seinerzeit lange dauerte, bis überhaupt eine brauchbare Firewall enthalten war, wird das neue Windows nicht nur den Netzwerkverkehr, sondern sämtliche Daten einem Security-Check unterziehen – egal, ob sie über das Internet, lokale Laufwerke oder die Tastatur ins System kommen. Zudem wird neben der mit Vista eingeführten Festplattenverschlüsselung „BitLocker“ der neue „Blipe Locker“ nicht nur die Daten auf der Platte, sondern auch diejenigen im Arbeitsspeicher und sogar alle ein- und ausgegebenen Daten verschlüsseln können. Das geht so weit, dass in der höchsten Stufe auch die Bildschirminhalte verschlüsselt sind und nur mit einem personalisierten Zusatzgerät, einer Art Brille, gelesen werden können. Die neue Technik nennt sich „Advanced Protection and Realtime Integrity Locator“.
Um die oft kritisierten langen Startzeiten eines Windows-Systems an der Wurzel zu packen, sieht „Windows 7“ als Option einen komplett festplattenlosen Betrieb vor. Dabei werden sämtliche Daten im Arbeitsspeicher gehalten, der dazu natürlich ausreichend dimensioniert sein muss: Microsoft nennt 32 Gigabytes RAM als unterste Grenze, ab der Windows diese Funktion überhaupt aktivieren wird. Belohnt wird der Anwender mit einem System, das ohne Startzeiten sofort genutzt werden kann und in bislang unerreichter Geschwindigkeit läuft. Ebenso werden solche Geräte ultraleicht sein. Um Datenverlusten vorzubeugen, sind speziell gepufferte RAM-Bausteine notwendig. Erste OEM-Hersteller haben bereits angekündigt, diese Komponenten zu entwickeln. Mit der Marktreife dieser Technik ist Beobachtern zufolge allerdings erst in der zweiten Hälfte des Jahres 2009 zu rechnen.
Ein solches System ohne Massenspeicher wird Dokumente, bearbeitete Videos und andere Daten online auf gesicherten Servern im Internet ablegen. Unter dem Titel „Array for Persistent Roaming of Internet Layers“ baut Redmond dem Vernehmen nach mit einer Reihe hochkarätiger Industriepartner an der nötigen Infrastruktur: Neben klassischen WLAN-Hotspots in hoher Dichte und einem engmaschigen Ausbau der UMTS-Netze werden dabei auch neuartige Zugangstechniken entwickelt, die unter anderem vorhandene Komponenten wie Strom-, Wasser- und Gasleitungen, aber auch elektrische Straßenbahnschienen oder Ionentauscher in Gebäudelüftungen umfassen.
Wer sich nun fragt, wo er eine Vorabversion dieses sensationell anmutenden Betriebssystems erhält, sieht sich enttäuscht. In der Microsoft-Mitteilung heißt es lapidar: „Für Windows Vista haben wir die umfangreichste und aufwändigste Betaphase der Softwaregeschichte veranstaltet. Trotzdem wurden wir kritisiert, dass Vista nicht fertig sei. Aus diesem Grund haben wir uns entschlossen, für Windows 7 vollständig auf eine Betaphase zu verzichten. Wir sind uns sicher, dass wir durch die Bündelung unserer Aktivitäten das beste Windows – eher noch: das beste Betriebssystem – aller Zeiten veröffentlichen werden.“
Um diesen kühn-selbstbewussten Anspruch zu unterstreichen, haben die Redmonder parallel eine PR-Aktion gestartet, die als Seitenhieb auf die Linux-Community verstanden werden darf: „Antarctic Penguin Rescue Initiative, Ltd.“ heißt ein neues Tochterunternehmen, das sich die Rettung der vom Klimawandel bedrohten Pinguine am Südpol auf die Fahnen geschrieben hat. Ob wir bald auch mit einer Microsoft-Apfelsorte rechnen dürfen, die den iPod-Hersteller aus Cupertino aufs Korn nimmt, ist noch offen.
Bezüglich des Namens der neuen Windows-Version schießen die Spekulationen ebenso ins Kraut wie bezüglich der Versionen. Insider berichten, dass der momentane Namens-Favorit schlicht „Windows Windows“ lauten solle, um die Marke zu stärken. Die Zahl der Versionen soll Beobachtern zufolge auf nicht weniger als 14 hochschnellen: Sechs abgestufte Versionen für Heimanwender und acht für professionelle Nutzer. Die Ausstattungsdetails sind dabei aber noch unklar – ebenso wie die Preise.
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